Robert Halver,
Leiter Kapitalmarktanalyse,
Baader Bank AG

Neue Schwellenland-Krise ante portas?

Die ersten Schrecken der türkischen Währungskrise scheinen verarbeitet zu sein. Dennoch, für Entwarnung gibt es keinen Grund, da die zugrundeliegenden Strukturprobleme der Türkei politisch nicht behoben werden. Ansteckungseffekte in anderen Emerging Markets sind bereits zu beobachten, die ohnehin von steigenden US-Zinsen, einem insofern aufwertenden US-Dollar und Kapitalabzug sowie Handelskonflikten belastet sind. Stehen die Schwellenländer vor der nächsten Zäsur mit Kollateralschäden für die gesamte Finanzwelt?

Neben einem dramatischen Leistungsbilanzdefizit und kaum tragbarer Auslandsverschuldung sorgt die politische Verhinderung der Unabhängigkeit der Notenbank für anhaltende Instabilität der Türkei. Investitionszusagen über 15 Mrd. US-Dollar aus Katar und liquiditätssichernde Maßnahmen für Banken zu Lasten der türkischen Währungsreserven bekämpfen zwar die aktuellen Krisensymptome und führen zu einer gewissen Gegenbewegung der Lira. Die strukturdefizitären Ursachen werden damit aber nicht behoben.

Zwar erzielen Anleger aus den USA und dem Euroraum mit Zinsanlagen in der Türkei deutlich höhere Renditen als in ihren Heimatländern. Diese verkehren sich unter Berücksichtigung der Währungsverluste der Lira jedoch in negative Gesamtrenditen um. Trotz gestiegener Bonitätsrisiken durch die stabilitätsfeindliche Finanzpolitik in Rom entwickeln sich selbst italienische Staatspapiere attraktiver als türkische. Erstens müssen Euro-Anleger kein Währungsrisiko befürchten. Und zweitens steht die EZB in bewährter Tradition bereit, alle Finanz-, Schulden- und Bankenrisiken Italiens auch zur Bewahrung der Einheit Europas zu verhindern.

Grafik der Woche

Wenn ein Schwellenland Finanzprobleme hat, gilt zunächst Sippenhaft…

Die Angst vor einem ansteckenden türkischen Krisenvirus hat grundsätzlich alle Schwellenländer in Mitleidenschaft gezogen. Die Abwertung ihrer Währungen verdeutlicht dieses Phänomen. Immerhin, mit Blick auf die kürzliche Stabilisierung des Euros hat sich das Risiko für die Eurozone entspannt.

Die über Abwertung einsetzende Kapitalflucht macht sich ebenso in fallenden Aktienkursen der Schwellenländer bemerkbar.

Die zunehmende Risikoscheu in den für die Weltwirtschaft immer bedeutenderen Emerging Markets schlägt sich über konjunkturelle Stimmungseinbrüche auch in schwächeren Preisen für Industriemetalle nieder. So hat der Kupferpreis seit seinem Hoch im Juni fast 20 Prozent verloren.

…doch dann zeigt sich eine Zweiklassengesellschaft

Während die Kreditausfallprämien der Türkei auf das höchste Niveau seit der Finanzkrise 2008 gestiegen sind, zeigen sich die Kreditrisiken der üblichen Verdächtigen Brasilien oder Russland vergleichsweise begrenzt. Der türkische Krisenvirus springt also nicht eins zu eins über, obwohl diese Länder mit hausgemachten (finanz-)politischen Problemen konfrontiert sind oder wie Russland sogar die US-Sanktionsknute zu spüren bekommt.

Tatsächlich bieten die Schwellenländer aktuell ein sehr differenziertes fundamentales Bild. Setzt man ihre Leistungsbilanzqualität in Bezug zu ihrer Finanzstärke - gemessen als Verhältnis von Auslandsreserven zu kurzfristiger Auslandsverschuldung - sind vor allem die Länder für eine Kapitalaustrocknung anfällig, die wie die Türkei umfänglich von Importüberschüssen insbesondere durch Energie- und andere Rohstoffeinfuhren abhängig sind. Mit Abstrichen sind auch Südafrika, Indonesien und Mexiko zu nennen.

Im klaren Gegensatz dazu haben Länder wie China, Südkorea, Indien und selbst Russland aus der Asien-Krise 1997/1998 gelernt und Reform-Hausaufgaben gemacht. Ihre vergleichsweise geringe kurzfristige Dollar-Verschuldung ist durch Währungsreserven gedeckt und sie weisen eine - Indien mit Einschränkungen - positive Leistungsbilanz aus. Ihre Währungen werden also insgesamt nachgefragt, nicht angeboten. Damit ist ein bedeutender Teil der Schwellenländer gegen Kapitalflucht grundsätzlich gut gewappnet und hebt sich deutlich von der „Krisen-Peripherie“ ab.

Regional sind die Länder Asiens nicht nur aufgrund ihrer finanzpolitischen Bonität stabiler aufgestellt als die Konkurrenz aus Lateinamerika. Länder wie Indien oder Indonesien bilden ebenso konsumstarke Binnenmärkte, die sie weniger anfällig für weltkonjunkturelle Schwankungen machen. Nicht zuletzt laufen die asiatischen den lateinamerikanischen Ländern auch in puncto Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit sowie Zukunftsbranchen wie Internet, Elektromobilität und Digitalisierung den Rang ab. Diese Outperformance ist auch an den Aktienmärkten zu beobachten.

Die Fed hat aus ihren früheren Schwellenland-Sünden gelernt

Das Restrisiko einer allgemeinen Kapitalflucht aus den Emerging Markets mit nachfolgender Währungs- und Weltwirtschaftskrise verhindert die US-Notenbank. Eine in der Vergangenheit sehr national betriebene, restriktive Geldpolitik der Fed mit asiatisch-lateinamerikanischen Kollateralschäden wie 1997/98 und 2013 wird sich nicht wiederholen. Die Fed hat die globale Konjunktur-, Finanz- und Bankenwelt nicht über 10 Jahre mit ihrer ultralockeren Geldpolitik stabilisiert, um sie nun ohne Not über kräftige Zinserhöhungen oder Liquiditätsverknappung in einen Kollaps zu stürzen, der als Bumerang nach Amerika zurückkommt. Diese Beruhigung ist auch an der Volatilität der Aktienmärkte der Schwellenländer abzulesen, die frühere Unsicherheitsniveaus nicht mehr erreicht.

Marktstimmung - Warten auf Anschlussimpulse

Die Währungsturbulenzen und die Angst vor weltwirtschaftlichen Reibungsverlusten durch die Schwellenländer sorgen momentan zwar für gedämpfte Ausblicke der exportorientierten deutschen Industrie. Der Grad der Neueinschätzung der Finanzmärkte in puncto differenzierter Betrachtung der Emerging Markets nimmt jedoch zu.

Die kürzliche Annäherung im Handelsstreit zwischen EU und USA führte immerhin dazu, dass sich die ZEW Konjunkturerwartungen für Deutschland und die Eurozone auf niedrigem Niveau stabilisieren konnten.

Und dass nach Wochen der Funkstille noch im August wieder Verhandlungen im Handelsstreit zwischen Amerika und China aufgenommen werden sollen, sorgt für weitere Beruhigung. Auch wenn vor der Kongresswahl am 6. November kein Durchbruch zu erwarten ist, zögern sich zumindest die nächsten Runden schmerzhafter Zölle und Gegenzölle hinaus. Solange geredet wird, ruht der Handelskrieg.

Die zwischenzeitlichen Irritationen an den Währungsmärkten machen deutsche und US-Zinspapiere zu sicheren Anlagehäfen. In diesem Rahmen sinkende Renditen lassen die Zinsängste als Handicap für Aktien verblassen.

Aus Sicht der Sentiment-Analyse ist die Stimmung überwiegend neutral. Angesichts des im Hintergrund schwelenden Handelskonflikts und der von der türkischen Lira-Krise ausgehenden Unsicherheit warten die Anleger zunächst ab. Sobald die Aktienkurse wieder anziehen, müssen viele unterinvestierte bzw. abgesicherte Investoren Eindeckungen vornehmen, die den Aktienmarkt antreiben werden.

Charttechnik DAX - Konsolidierung ja, Crash nein

Auf dem Weg nach oben liegt beim DAX der erste Widerstand bei 12.450 Punkten. Wird dieser erfolgreich überschritten, folgt die nächste Barriere bei 12.737, bevor der Index Kurs auf die Marken bei 12.951, 13.033 und darüber 13.301 nimmt. Kommt es zu weiteren Kursverlusten, ist mit Rücksetzern bis zu den Unterstützungen bei 12.125 und 12.104 zu rechnen. Werden diese unterschritten, liegt die nächste, sehr massive Haltelinie bei 12.067 Punkten.

Der Wochenausblick für die KW 33 - Was steht im Sitzungsprotokoll der Fed?

In Japan bestätigen die schwachen Inflationsdaten für Juli die japanische Zentralbank in ihrer noch für lange Zeit ultralockeren Geldpolitik.

In den USA zeichnen die Auftragseingänge langlebiger Güter in Verbindung mit einem positiven Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe gemäß Finanzdatenanbieter Markit ein solides Bild der Industrie. Konjunkturoptimismus kommt zwar auch im Protokoll der letzten Sitzung der Fed zum Ausdruck. Mit Blick auf eine konjunkturunfreundliche flache Zinsstrukturkurve werden aber auch auf dem jährlichen Treffen der Notenbanker in Jackson Hole keine Ängste vor einer zukünftig restriktiveren Geldpolitik geschürt.

In der Eurozone hat sich die Konjunkturstimmung gemäß Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe stabilisiert. Vor allem die deutsche Industrie dürfte ihren zwischenzeitlichen Konjunkturpessimismus allmählich hinter sich lassen.

Inwieweit ist die Währungskrise der Türkei eine Gefahr für die Finanzwelt?

Die Währung ist der Aktienkurs eines Landes. Angesichts des aktuellen dramatischen Verfalls der türkischen Lira haben wir es also mit einem „Mega-Aktiencrash“ zu tun. Dabei war das Land früher ein wahrer Outperformer, ein Aktienstar. In seiner Amtszeit als Ministerpräsident ab 2002 hat ein gewisser Herr Erdogan eine marode türkische Volkswirtschaft mit harten Wirtschaftsreformen in eine blühende Landschaft verwandelt. Doch dann wiederholten sich die typischen Fehler von Schwellenländern. Um hohes Wirtschaftswachstum - und persönliches Ansehen beim Wahlvolk - zu erreichen, folgte hemmungsloses Kreditwachstum von Unternehmen und Privatpersonen mit staatlichen Garantien, die risikoblind machten. Und die türkische Notenbank wurde als Gelddruckmaschine für eine überspendable, auf Pump lebende Finanzpolitik missbraucht.

An der so steigenden Inflation und allmählichen Lira-Abwertung störte man sich nicht. Man genoss die Vision der Türkei als Exportland. Eine zinserhöhungsbedingte Aufwertung des Dollars, die schon früher zu Kapitalfluchten aus den Schwellenländern führte, wurde verniedlicht. In Ankara glaubte man, dass auch die USA ihren Außenhandel über eine schwache Währung stimulieren wollten. Insofern hatte man auch keine Hemmungen, sich massiv an zinsgünstigen Auslandskredite aus Amerika, aber auch der Eurozone zu laben, der man ebenso Währungsdumping unterstellte.

Aber spätestens als Trump Importzölle auf türkische Aluminium- und Stahlimporte als Sanktion für die „Christenverfolgung“ von US-Pastor Andrew Brunson erhob, nahm der Währungsverfall der Lira fatal Fahrt auf. Mittlerweile ist die Rückzahlung der türkischen Auslandskredite in Höhe von 250 Mrd. Dollar fraglich. Eine wirkliche Erholung der Lira ist im Status Quo nicht möglich. Denn das türkische Trio Infernale aus dramatischem Leistungsbilanzdefizit, überbordender privater und Auslandsverschuldung lockt keine ausländischen Investoren an, die sich wie auf einem türkischen Basar weltweit die besten Anlageobjekte aussuchen können. Selbst die türkische Bevölkerung tauscht Lira gegen Hartwährungen ein, solange es noch erlaubt ist. Und die Auslandsreserven der Türkei schmelzen wie Eis in der Sonne.  

Der türkische Staatspräsident sucht die Schuld bei den Wirtschafts- und Währungskriegern vor allem aus den USA, nicht bei seinem eigenen Spiegelbild. Diese Verschwörungstheorien erinnern an die letzten Züge des osteuropäischen Sozialismus. Es fehlt die Erkenntnis, dass die Krise selbstverschuldet ist und daher auch selbst angepackt werden muss.

Erdogan lebt in seiner eigenen Wirtschafts- und Finanz-Welt

Doch wer zu spät kommt, den bestraft das (wirtschaftliche) Leben. Alle notwendigen Maßnahmen, die eine stabile Seitenlage der türkischen Wirtschaft erreichen sollen, verursachen mittlerweile Schmerzen. Es müssten drastische Zinserhöhungen her, die die Lira zwar stabilisieren und die Inflation bekämpfen würden. Dieser Zinsschock könnte jedoch die völlig überschuldete türkische Wirtschaft in eine Rezession treiben. Erdogan verteidigt ohnehin weiter seine unorthodoxe Meinung, dass Zinserhöhungen die Inflation treiben. Dabei hat unsere Deutsche Bundesbank 50 Jahre lang bewiesen, dass stabilitätsorientierte Zinspolitik Inflation erfolgreich bekämpft und die Deutsche Mark nachhaltig gestärkt hat. Käme es sogar zu Zinssenkungen, werden die Folgen leider noch mehr Währungsabwertung und Inflationierung sein.

Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds würden massive Gegenleistungen nach sich ziehen. Länder wie Thailand, Argentinien und Griechenland waren anschließend lange Zeit nicht mehr finanzpolitisch souverän. Die USA als größter Beitragszahler des IWF könnten sogar eine Verweigerungspolitik gegen Ankara betreiben. Der türkische Staatspräsident wird sich diesen „Erniedrigungen“ niemals beugen.

Kapitalverkehrskontrollen könnten zwar den Verlust an Auslandsdevisen wirksam behindern. Die Angst jedoch, sein Geld dann nicht mehr abziehen zu können, würde die Türkei zu einer No Go-Zone für Auslandsinvestoren machen.

Alternativ könnte sich die Türkei neue Wirtschaftsverbündete suchen. Der politische Schulterschluss mit Russland wird ja bereits geübt. Liebend gerne würde Moskau die Türkei komplett aus dem westlichen Bündnis befreien. Aber wirtschaftlich kann ein Kranker einem Kranken nicht helfen.

Auch eine Zweckehe mit China hat ihre Tücken. Für jede wirtschaftliche Unterstützung will China üppige Gegenleistungen, z.B. den Zugang, wenn nicht sogar den Besitz von türkischen See- oder Flughäfen. Wie will Erdogan seiner Bevölkerung die Abgabe der logistischen Kronjuwelen ohne Gesichtsverlust verkaufen?

Das europäische Dilemma

Als politisches Scharnier zwischen Europa und dem Mittleren und Fernen Osten und als Nato-Mitglied hat die EU sicher kein Interesse an einer zusammenbrechenden Türkei. Doch muss sich die EU auch fragen lassen, welchen Wert ein Partner noch hat, der droht, mit Russland fremdzugehen und bereits Raketenabwehrsysteme dieses „Nato-Feinds“ kauft. Wie intakt kann denn eine Ehe sein, bei der ein Partner permanent mit Scheidung droht und sogar schon Tanzkurse mit einer fremden Person besucht?

Stützte die EU Ankara finanziell aus Angst vor einer türkischen Kündigung des Flüchtlings-Deals, bekäme Erdogan noch mehr Machtfülle, die er nicht unbedingt zum Nutzen Europas einsetzen würde. Immerhin hat das politische Gewicht Europas wegen der Wirtschaftsschwäche am Bosporus zugenommen. Daher muss Berlin beim Staatsbesuch des türkischen Präsidenten das Prinzip „Leben und leben lassen“ anwenden. Es darf durchaus Druck ausgeübt werden, um eine falsche Innen- und Wirtschaftspolitik zu revidieren. Es sei an die so oft gepriesene Wertegemeinschaft der EU erinnert, die nicht nur auf Brüsseler Hochglanzpapier stehen sollte.

Wie will die Türkei dem Staatsbankrott entgehen?

Aus ihrem Schlammassel kommt die Türkei erst nach Verständigung mit den USA heraus. Ein Boykott amerikanischer Produkte mag das Mütchen kühlen, ist aber nur ein Sturm im Wasserglas. Ob es Erdogan nun passt oder nicht, Amerika ist mehrere Nummern zu groß. Die USA sind mit ihrer Weltleitwährung Dollar und mächtigen Bankenindustrie immer noch der Kraftmeier in der Finanzwelt und können die Türkei nachhaltig schädigen.

Die Türkei muss ihre ideologische Schmollecke verlassen. Ansonsten schlagen die Finanzmärkte unerbittlich zu wie die Spanische Inquisition. Ein irreparabler Vertrauensverlust könnte die türkische Währung dann endgültig zum „Ver-Lira“ machen. Über Hyperinflation und schließlich eine Währungsreform verlöre die türkische Bevölkerung ihr gesamtes angespartes Vermögen. Schon jetzt sind die Wohlstandsverluste der Türken groß: Gemäß dem sogenannten Elends-Index als Kombination aus Inflations- und Arbeitslosenrate liegt die Türkei sogar oberhalb von Griechenland. Niemand sollte sein Volk in Geiselhaft nehmen. 

Nach den letzten Ausführungen aus der Türkei ist mit dieser Einsicht zumindest vorerst nicht zu rechnen. Damit droht die Türkei schleichend zu einem zweiten Venezuela zu werden, noch schlimmer, denn die Türkei hat kein Öl. Das ist dem Land und seinen Menschen auf keinen Fall zu wünschen.  Die 15 Mrd. US-Dollar, die die Türkei aus Katar erhält, sind zwar zwei, drei Tropfen auf den heißen Stein. Die dramatischen Strukturdefizite der Türkei lösen sie aber nicht.

Wie stark streut der türkische Krisenvirus?

Grundsätzlich sind die Finanzmärkte einfach gestrickt. Hat ein Schwellenland Probleme, kommen zunächst alle in den gleichen kollektiven Sack und werden vertrimmt. Doch wird sich in den nächsten Wochen die Spreu vom Weizen trennen. Die üblichen Verdächtigen unter den Schwellenländern, die innen- und finanzpolitische Probleme oder Handelsbilanzdefizite haben, werden zwar weiter die harte Knute der Finanzmärkte spüren. Das gilt z.B. für Länder in Südamerika. Dagegen verfügen vor allem asiatische Schwellenländer über Export- bzw. Leistungsbilanzüberschüsse. Ihre Währungen werden also nicht ver-, sondern gekauft. Nicht zuletzt betreibt die US-Notenbank trotz mittlerweile sieben Zinserhöhungen eine insgesamt zahme Geldpolitik. Sie weiß, dass deutliche Zinserhöhungen wie zwischen 2004 und 2006 zu einer massiven Kapitalflucht aus den Schwellenländern nach Amerika führen und die Welt(finanz-)wirtschaft ins vielleicht finale Elend stürzen.

Der türkische Exportmarkt wird für Europa Schaden nehmen. Denn je stärker der Kursverfall der türkischen Lira, umso schwächer die Kaufkraft der Kunden am Bosporus für deutsche Exportgüter. Auf der deutschen Hitliste der Handelspartner steht die Türkei mit Platz 16 allerdings nicht weit vorne.

Bedenklicher ist die türkische Krise für europäische Banken. Ca. 200 Mrd. Euro stehen im türkischen Kredit-Feuer. Theoretisch ist das der Stoff, aus dem die Alpträume für die Finanzindustrie sind. Praktisch wäre es aber absurd, wenn die EZB nach 10 Jahren der kontinuierlichen geldpolitischen Rettung Europas vor jeder Krise jetzt eine massive Bankenkrise zuließe, die EU und Eurozone auch konjunkturell und (sozial-)politisch so stark schwächte, dass der europäische Zusammenhalt vor der Scheidung steht. Nein, solange es Krisen gibt, wird auch morgen und übermorgen noch fröhliche Rettungs-Musik aus allen Radios der EZB ertönen.

Selbst die Angsthasen an den westlichen Aktienmärkten zeigen sich nach anfänglicher Nervosität zuletzt weniger irritiert: Nach zahllosen Krisen aller Art seit 2008 haben sich Aktienanleger viel Hornhaut zugelegt. Auch eine Währungskrise in der Türkei wird keinen Crash auslösen.

Gegen die Finanzmärkte zieht selbst der türkische Staatspräsident den Kürzeren.  

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse,        Baader Bank AG


 


 

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